So sollte AORAI mit der ersten Idee eines neuen Riggs aussehen: mit einem sog. Tiki Rigg. Benannt nach der Tiki Modellreihe von James Wharram, bei der er zum ersten Mal diese Form der Gaffelsegel eingesetzt hat. Wir standen schon kurz vor dem Kauf von Alurohr für dieses Rigg, bevor wir uns kurzfristig um entschieden und doch ein Dschunkenrigg haben wollten.
Nach dieser Entscheidung stand für uns schnell fest, dass wir Alles selber bauen wollten, auch die Segel. Wir dachten, dass es komplizierter ist einem professionellem Segelmacher zu erklären, wie die Segel auszusehen haben, als es gleich selber zu machen. Abgesehen von dem finanziellen Vorteil den das Selbernähen mit sich bring, werden wir später bei Schäden keine Probleme mit der eigenen Reparatur haben.
Ganz am Anfang stand die Konstruktion des gesamten Riggs - die Festlegung der Segelfläche, Form des Segels (hierbei ist hauptsächlich das Verhältnis Höhe/Breite des Segels gemeint), Anzahl der Panele, Position der Masten als auch deren Dimensionierung.
Grundlage für alle Konstruktionsdetails war das Buch "Practical Junk Rig" von Hassler/McLeod. Hier steht alles drin, was man wissen muß.
Das Ergebnis sind zwei recht niedrig gehaltene Segel mit insgesamt 8 Panelen, davon 5 im unteren Parallelogramm und drei Stück im oberen Fächer. Bis auf die obersten zwei Panele ist jedes Panel ein eigenes Reff, d.h. kann die Segelfläche bei steigender Windstärke um jeweils ein Panel verkleinert werden.
Für die Fertigung selbst haben wir uns zuerst Segelstoff bestellt, den wir dann aus den USA bekommen haben. Grund dafür war die Empfehlung von Tom Collvin, einem Boots Designer aus den USA, der sich auch mit Dschunken Segel befasst. Der Segelstoff ist ein robustes Tuch, welches ohne Zollabgaben konkurrenzlos billig gewesen wäre, aber selbst mit diesen zusätzlichen Kosten immer noch einen guten Preis hatte.
Es ist "Top Gun" von Marchem, eigentlich ein Persenning Stoff, d.h. für Planen, Verdecke usw, gedacht. Wegen der stabilen Latten, die das Segel bekommt, ist ein hochwertiger, als reines Segeltuch konstruiertes Tuch bei uns aber nicht nötig. Ein weiterer Vorteil ist, dass wir ohne Probleme und Mehrkosten einen farbigen Stoff kaufen konnten. Normales Segeltuch ist in der Regel weiß, unsere Segel dagegen werden rot sein!
Um bei leichten Winden bessere Segeleigenschaften zu bekommen sollen die unteren Panele einen Bauch erhalten. Die oberen Panele, die bei Bedarf für die stärkeren Windstärken zuständig sein werden, erhalten keine Wölbung, da diese bei mehr Wind störend wirken würde.
Für die Berechnung des dafür notwendigen Profils der einzelnen Panele haben wir uns, als weiteres Werkzeug, über das Internet ein Berechnungsprogramm besorgt (Sailcut8). Zum Schluss kam noch eine Nähmaschine zu uns, eine robuste alte DDR Maschine, die sich mit ihrer guten Leistung einen dauerhaften Platz an Bord erarbeitet hat.
Der erste Schritt ist der erste Schnitt. Die einzelnen Panele werden aus je drei Bahnstücken genäht. Diese Stücke werden auf diesem Bild gerade geschnitten.
Die Bahnstücke werden vor dem Zusammennähen mit doppelseitigem Klebeband und Stecknadel fixiert. Der professionelle Segelmacher verwendet keine Stecknadeln, hat sich bei uns aber bewährt, da das Klebeband nicht auf Dauer auf dem Segeltuch gehalten hat. Es reichte gerade für die Zeit, bis die Nadeln drin waren. Daher war es eine gute Kombination.
Um die einzelnen Bahnstücke miteinander zu vernähen hat sich eine gewisse Schräge bewährt. Die hilft nämlich den Segelstoff durch das Eigengewicht durch die Nähmaschine zu schieben. Der Transporter der Maschine wäre mit dem Gewicht, der bei den Bahnen zusammenkommt, hoffnungslos überfordert.
Nach dem Zusammennähen der Bahnstücke zu jeweils einem Panel muss nun das mit Sailcut8 berechnete Profil zurecht geschnitten werden. Dazu wird die gewünschte Linie erst anhand der Sailcut8 Koordinaten mit einer Schnur aufgetragen. Wenn man an der Schnur längs schaut, kann man eventuelle Unebenheiten in der Kurve noch ausgleichen.
Dann wird mit einem Stift nachgefahren und entlang dieser Linie abgeschnitten. Das Ergebnis ist eine schöne profilierte Bahn. Bei der ganzen Zurechtschneiderei sollte man auf keinen Fall vergessen die sog. Nahtzugabe (überlappender Stoffbereich für die Naht) mit einzuplanen, sonst wird das Segel plötzlich einige Zentimeter kleiner. Für jeden, der schon einmal etwas geschneidert hat, ist dies natürlich kein Geheimnis, für alle Anderen vielleicht aber nicht so selbstverständlich.
Das eine Segelbahn genau der Länge nach in unser Zimmer passte, war ein glücklicher Zufall und nicht so geplant. Dies war wirklich ein Glück, denn in unserer 1-Zimmer Wohnung hatten wir keine Möglichkeiten mehr Platz zu schaffen.
Nach dem Profilieren werden die langen Bahnen zu einem Segel zusammen genäht.
Wegen der längeren Bahnen haben wir das Bett als zusätzliche Rampe verwendet, damit wir auch hierbei eine Schräge haben. Ansonsten hätten wir die Segelbahnen, die langsam zu einem vollständigen Segel wurden, nicht durch die Nähmaschine bekommen.
Für die letzte Form werden noch die Kanten umgenäht. Damit ist das Segel in seiner Fläche "schon" fertig. Leider konnten wir auf Grund unserer kleinen Wohnung die Segel nicht ausbreiten, um einmal zu sehen, ob tatsächlich alles so aussieht, wie es soll.
Die Form allein macht jedoch noch kein vollständiges Segel. Sprichwörtlich an allen Ecken und Kanten fehlen Verstärkungen. An neuralgischen Punkten wie die Ecken des Segels, insbesondere den beiden Oberen (die müssen auch bei viel Wind bis Sturm halten), müssen bis zu 9 Lagen Segeltuch vernäht werden.
Die Segellatten werden mit Leinen an dem Segel befestigt. Dafür sind insgesamt 192 Ösen einzuschlagen. Zum Glück ist mittlerweile Sommer und diese Arbeit können wir an Bord erledigen. Die neue Segelmacherei ist also ab sofort auf AORAI
Die Ösen an den Segelecken werden nicht eingeschlagen, sondern hier nähen wir Ringe ein. Dies ist stabiler als eine eingeschlagene Öse (es sei denn, sie wurde hydraulisch eingepresst). Die Naht der fertigen Öse wird anschließend mit einem Stück Leder, das noch darüber genäht wird, vor Verschleiß geschützt.
Manchmal ist das Nähen eine echte Quälerei, insbesondere unter solch erschwerenden Bedingungen.
So sieht das fertige Segel dann aus. Alles selbstgemacht und wir sind stolz auf das Ergebnis.
Auf diesem Bild kann man auch gut die Wirkung der Profilierten Panele erkennen, die unteren Panele haben eine gut erkennbare Wölbung.
Wenn ihr jetzt auch noch wissen möchtet, wie wir die Masten gebaut haben, dann geht hier auf die Seite Mastbau
Zurück zum SeitenanfangAch ja, für alle Paragraphenreiter und Schmarotzer, die der Meinung sind sich mit der Unwissenheit oder Gutgläubigkeit anderer Leute, die noch an das Gute im Menschen glauben, bereichern zu müssen (gilt z.B. für die Anwälte, die ihr Geld mit Serienabmahnungen verdienen): Hier geht es zu unserem Impressum und der Datenschutzerklärung.
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