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Mai 2012 oder "Ohne Kühlschrank in die Tropen?"

Tom ist endlich wieder da wo er hingehört - an Bord! Er hat in Le Marin zwei Schiffe angeschaut und will gleich wieder los, um sie mir zu zeigen. Mir solls recht sein - die Zeit hier war lang genug. Der letzte Einkauf während Tom den Rumpf säubert, führt an Armindas Bar vorbei und ich komme Stunden zu spät und angeschickert nach Hause. Wir wollen gleich weiter zu Vlad und Celine, da Tom Camembert für die Beiden mitgebracht hat. Einen Drink und Joint später werden wir zum Abendessen eingeladen. Der nächste Tag erwischt mich mit hämmernden Kopfschmerzen und Übelkeit. Wir klarieren noch aus, füllen die letzten Kanister mit Wasser und verschieben die Abfahrt auf morgen.
Nach einem schönen Segeltag erreichen wir Mindelo. Kaum ist der Anker im Hafenschlick versenkt kommt eine französische Familie an Bord. Sie sind an unserem Kat interessiert bzw. auf der Suche nach einem neuen Schiff. Und dann kommt Milan zur Begrüßung angebraust! Seine Familie ist auf seinem neuem Schiff und wartet mit dem Frühstück auf uns. Dann schaffen wir es tatsächlich noch die Wäsche wegzubringen und unsere Verproviantierung in Angriff zu nehmen. Als Aorai wieder genug Lebensmittel an Bord hat solls losgehen, aber der Wind macht uns einen Strich durch die Rechnung. Es ist böig und wir vertrauen unserem Motörchen nicht gegen die Fallwinde Anker auf zu gehen. Warten wir lieber - Nachts wird es gewöhnlich ruhiger.
4 Uhr morgen starten wir in die Karibik. Als wir den Hafen hinter uns haben schläft der Wind ein und wir stehen 1/2 Meile vor Mindelo in der Flaute. Tom will nicht motoren sondern dümpeln und ich verkrieche mich in die Koje und schlafe noch eine Runde. Einige Stunden später taucht Milan mit seiner Fleumel II achteraus auf und dreht eine Runde mit der Videokamera in der Hand um uns. Dann dreht er ab nach Praia und wir haben auch endlich genug Wind um wenigstens vorwärts zu kommen.

Der Wind kommt aus komfortablen nordöstlichen Richtungen, Aorai läuft und wir sitzen einfach so rum und lassen es uns gut gehen. Ich koche jeden Tag und alle zwei Tage wird ein Brot gebacken. Immer wieder mal entdecken wir Unglauben (bis Entsetzen) in den Augen Anderer, wenn wir von unserem Leben ohne Kühlschrank erzählen. Auch ohne dieses Gerät muss man in den tropischen Zonen weder auf frisches Gemüse (Kürbis, Kohl, Auberginen, Kartoffeln, Zwiebeln, Süßkartoffeln, rote Beete, Tomaten und Gurke waren es diesmal) und Obst (Papaya, Äpfel, Orangen, Bananen) verzichten noch auf Eier und Milchprodukte. Ganz abgesehen davon, das ich Frischkäse in guter Qualität schon selber produziert habe, gibt es den Ziegenkäse in Salzlake eingelegt und den Joghurt kaufen wir totpasteurisiert. Edamer wird luftig, nur mit einem Tuch abgedeckt aufbewahrt und ist nach einer Woche soundso alle. Wir haben uns von den letzten Escudos luftgetrocknete Wurst gekauft, die jetzt in der Kombüse baumelt. Ein Glas eingekochtes Hackfleisch aus Argentinien habe ich noch in meiner Speisekammer versteckt.
Prinzipiell wird natürlich immer versucht vom lokalem Markt zu kaufen. Das Gemüse ist nie gekühlt worden und wird sich mit einiger Sicherheit auch an Bord halten. In Brasilien habe ich einmal Paprika im Supermarkt gekauft, die sich schon am nächsten Tag verflüssigte. Die Kühlung dort war dort fast auf Gefrieren eingestellt!
Essen wird unterwegs wichtig und mit meinem neuem OMNIA-Back"ofen" probiere ich Aufläufe aus und der Schokoladenkuchen zum Bergfest war richtig gut. Es macht Spaß, zu sehen wie aus Kartoffelbrei-Resten Gnocchi werden und die restlichen Gnocchi zu Kraut"nudeln". Aus den Bohnen in Papya-Sahne-Soße wird am nächsten Tag zum Beispiel mit etwas Chiliöl und dem Pürierstab ein Brotaufstrich.
Wir kochen ganz unterschiedlich aufwändig an Bord, aber eigentlich genauso wie am Ankerplatz. Mal gibts Tomatensalat und Brot, mal Auberginengemüse mit Polenta und Kuchen als Dessert. Tom fabriziert leckere Apfelpfannkuchen während der Nachtwache, die ich zum Frühstück verputze. Meist bestehen unsere Mahlzeiten aus nur wenigen Zutaten, aber Dosentomaten und Sahne im Tetrapack muss immer an Bord sein. Auch unser Gewürzregal kann sich sehen lassen: Kreuzkümmel, Koriander, Tamarindenmus, Kräuter der Provence, Kümmel, Rosmarin, Bockshornklee, indische Senfkörner, Curry..., dazu kommen Würzsoßen. Meine Chilipflanze, die schon über 3000 SM mit gesegelt ist, hat die Pflegeeltern nicht vertragen, als wir einige Wochen nicht an Bord waren. Von unseren Vereinskameraden in Deutschland wurden wir ob unserer Kräutertöpfe belächelt. In der Praxis ist Basilikum tatsächlich nicht robust genug, aber einige Kräuter machen das durchaus mit. Wir hatten schon Petersilie und Rosmarin an Bord und erfolgreich Kresse gesät und geerntet.
Und weil Anni Hills Buch für uns so wichtig ist folgen wir auch ihrer Bohnen-Empfehlung. Linsen, Bohnen, Reis, Vollkornmehl, Polenta, Nudeln sind bei uns basics und auch vor Instant-Kartoffelpürre machen wir nicht halt. Wir waren Beide überrascht als wir am letzten Segeltag feststellten, das es die letzten Wochen keine einzige Nudel gab.
Zugegeben, Weißwein zum dinner gibts bei uns nicht, wir trinken normalerweise Pfefferminz- und Melissen-Tee. Und nein, wir haben kein Alkoholverbot auf unserem Schiff, sondern Rotwein und Honiglikör (der 43 ist schon lange alle)! In Brasilien haben wir uns ganz schnell an Rum mit Rohrzucker und Limone mit einem Schuß Wasser gewöhnt. Also ist auch der obligate Drink am Abend auf einem kühlschranklosen Boot kein Problem.
Ich hatte keinen Kaffe auf der Überfahrt! Ich war der Meinung ausreichend im Vorratsglas zu finden, aber da war nur noch ein Rest für genau eine Tasse. Gott-sei-dank bin ich nicht abhängig von dem Gebräu. Es kann aber sehr wichtig werden, wenn man auf bestimmte Lebensmittel fixiert ist und diese dann nicht bekommt. Ich z.B. bin zum Quark-Junki geworden, obwohl mir der Zuhause gar nicht so wichtig war, kann aber auch ohne leben. Für Tom sind immer Kekse an Bord, ohne würden wir nicht lossegeln. Dieses Mal hatte er sich extra mit 8 Tafeln Schokolade aus Deutschland versorgt - eine für die Ankunft, genug für die 3 Wochen auf See und 2 haben bis Martinique überlebt. Bloßer Zufall hat ihn eine Sorte wählen lassen, die ich nicht mag. Nur deshalb konnten es 2 Tafeln bis hierher schaffen.
Eigentlich essen wir unterwegs relativ viel, wenn man bedenkt, das die körperliche Betätigung eher mäßig ist. Manchmal segeln wir in rauhem Wetter und dann bin ich für einige Tage seekrank. Auch Tom hat dann meist nicht so viel Appetit und wir kommen schlank und rank an Land.

Noch 110 sm bis zum Landfall. Tom rechnet seit Tagen an unserer Ankunftszeit rum und ist jetzt beunruhigt, weil wir bei der Geschwindigkeit im Dunkeln ankommen. Wie es so ist, der liebe Gott hat ein Einsehen und schaltet den Wind ab. Wir dümpeln gemütlich mit 3 Knoten und raumen Wind weiter. Ab 5 Uhr wird es hell, die Insel zeigt sich grün voraus und 4 Stunden später fällt der Anker in der übervollen Bucht von Le Marin/ Martinique. Wir waren 17 Tage und 5 Stunden auf See und sind 2200 Seemeilen gesegelt.
Die Müdigkeit ist der Euphorie des Ankommens gewichen, das Auge weidet sich an den Farben, der Duft vom üppigem Grün steigt uns in die Nasen. Aufräumen können wir auch später, jetzt muss ich an Land.

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